Tour de France und Hysterie
Morzine ist allen Radsportfans bekannt. Oft genug war die kleine französische Gemeinde mit knapp 3000 Einwohnern in der Region Auvergne-Rhone-Alpes Durchgangs- und Zielort der Tour de France. Auf den umliegenden Bergpässen kämpfen die Radrennfahrer um den Sieg in der Bergwertung. Bekannt wurde das abgeschiedene Alpendorf – zumindest in Frankreich - allerdings anderweitig. Es gab im 19. Jahrhundert dort zahlreiche unverheiratete Frauen, ein spezifisches weibliches Gemeinschaftsleben entfaltete sich. Die Kirche untersagte alles, was nach Fest oder Spiel aussah. Diese Einschränkung und das als bedrohlich empfundene moderne Leben der Frauen führte von 1857 bis 1873 zu hysterischen Offenbarungen.
Der Ultra Beast
Theresa Wiedemann erlebte in Morzine auch eine besondere, bisher ungeahnte Offenbarung. Ihr Ziel war der Ultra Beast, eine Überlebenstrip besonderer Art. Dem war sie zwar nicht ganz gewachsen – „nur“ eine Runde von zweien war drin. Aber sie schaffte immerhin 25 Kilometer und rund 1800 Höhenmeter und überwand 30 Hindernisse in sieben Stunden. Es ging durch eiskaltes Gebirgswasser und steil bergauf. „Am krassesten“ sei der Überraschungsteil gewesen: eine Schlucht mit extremer Strömung, dreimal wurde sie unter Wasser gezogen, einmal musste sie drei Meter in die Tiefe springen und sich aus vier Metern Höhe ungesichert abseilen. Von unten ragten große Steine aus dem Wasser. Ein weiteres Mal musste sie sich gesichert aus sieben Metern Höhe abseilen. Verletzungen waren bei den Teilnehmerinnen normal. Nur eine Teilnehmerin, die Vizeweltmeisterin aus 2016 über diese Distanz, schaffte den cut off, den Grenzwert für die nächste Runde.
Masochismus der besonderen Art
Zwischendurch trugen die Teilnehmerinnen einen Kilometer weit einen drei Kilogramm schweren Sandsack 120 Höhenmeter bergauf, schleppten einen mit Steinen gefüllten Eimer durch einen Fluss, durchschwammen einen Fluss mit starker Strömung, trugen einen großen Holzbalken einmal um einen kleinen See und durchschwammen ihn usw.
Damit ist klar: Theresa Wiedemann hat sich für das nächste Jahr wieder für die Bayerncup-Mannschaft des 1. FC Passau qualifiziert. Sie darf wieder über 1500 Meter starten.